Verband Bayerischer Rechtspfleger

Geschichte

Am 18. Juli 1909 vereinigten sich vier eigenständige bayerische Vereine zum “Verein bayerischer Justizsekretäre”. Der Begriff “Rechtspfleger” wurde in Bayern erst zum 01. Januar 1930 eingeführt. Nach späteren Umbenennungen wurde die Organisation 1934 liquidiert.

Wiederbegründet wurde der Verband Bayerischer Rechtspfleger 1948. Als Vereinszweck wurden Pflege der Kollegialität und Wahrung der Standesinteressen bestimmt. Der Verein war zunächst beschränkt auf München selbst, ohne die Oberlandesgerichtsbezirke Nürnberg und Bamberg. Der Zusammenschluss auf Landesebene mit den dortigen lokalen Verbänden erfolgte dann stufenweise bis Oktober 1949. In der ersten landesweiten Mitgliederversammlung am 30. Oktober 1949 wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst:

  • Festlegung der neuen Satzung,
  • Beseitigung der in der Justiz ausnehmend schlechten Beförderungsverhältnisse sowie
  • der Antrag auf Errichtung einer Rechtspflegerschule.

Hauptanliegen auf bayerischer Ebene war die Schaffung von Beförderungsstellen für Rechtspfleger infolge des enorm gestiegenen Geschäftsanfalls bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften. Zur Charakterisierung der damaligen Beförderungsmöglichkeiten sei das Ergebnis einer Vorsprache 1950 im Justizministerium vermerkt: Der Personalreferent meinte, eine gewisse Besserung sei doch schon erzielt worden, da es bereits gelungen sei, das durchschnittliche Lebensalter für Beförderungen zum Oberinspektor auf mehr als 55 Jahre herabzudrücken. Eine weitere Aktion galt der Verbesserung der Ausbildung, nachdem in der Rechtspflegerprüfung 1949 von den rund 250 Kandidaten rund 1/5 nicht bestanden hatte.

Nachdrücklich trat die Mitgliederversammlung von 1951 dafür ein, die Mitgliedschaft im Bayerischen Beamtenbund und im Bund Deutscher Rechtspfleger beizubehalten. Abgelehnt wurde ein Pflichtbezug der Fachzeitschrift “Der Deutsche Rechtspfleger”. Statt dessen erging ein Werbeaufruf für einen Gemeinschaftsbezug der Zeitschrift.

Einer der Schwerpunkte der Verbandsarbeit war nunmehr, gezielt die Verbesserung der Ausbildung anzugehen. Mit Wirkung vom 01. März 1952 konnte das Schloss Haimhausen, in dem vorher die Finanzschule untergebracht war, von der Justiz gepachtet werden.
In den folgenden Jahren arbeitete der Verband auf das Ziel “Kleine Justizreform” hin, die die weitere Verbesserung der Ausbildung und die Schaffung einer gesetzlichen Regelung für den Rechtspfleger im Auge hatte. Der 1952 in den Bundestag eingebrachte Entwurf des Rechtspflegergesetzes wurde jedoch bis 1953 nicht mehr verabschiedet. Das Justizministerium erklärte gegenüber dem Verband jedoch, dass es zum Rechtspflegergesetzentwurf keine grundsätzlichen Bedenken mehr habe.
Im Hinblick auf das zu erwartende Rechtspflegergesetz erfolgte eine weitere Eingabe an den Landtag, woraufhin das Justizministerium mit Fortbildungstagungen begann.
In Erwartung der Verabschiedung des Rechtspflegergesetzes durch den Bundestag sah sich der Verband veranlasst, dem Justizministerium konkrete Vorschläge zur Arbeitsteilung zwischen dem gehobenen und mittleren Justizdienst zu unterbreiten. Eine Neuregelung war u.a. deshalb erforderlich, weil durch das neue Rechtspflegergesetz dem Rechtspfleger neue Aufgaben übertragen werden und daher Mehrbelasteungen für den Rechtspfleger vermieden werden sollen. Das Justizministerium folgen den Vorschlägen des Verbandes großteils.

Im Januar 1957 wurde das Rechtspflegergesetz schließlich verabschiedet. Der Verband wies mit Nachdruck darauf hin, dass der Erfolg des Rechtspflegergesetzes und dessen Weiterentwicklung von der Bewährung der Rechtspfleger bei der Erledigung ihrer Aufgaben abhänge.

Im Anschluss daran setzte sich der Verband für eine höhere Einstufung in der Besoldung ein und ging der Forderung nach, als Vorbildungsvoraussetzung für den Rechtspfleger grundsätzlich Abitur vorzusehen. Außerdem drägte der Verband auf baldigen Baubeginn der Rechtspflegerschule in Starnberg, dessen Gelände bereits 1957 von der Justiz erworben wurde. Es dauerte dann bis zum 01. September 1965, dass die neue Rechtspflegerschule in Starnberg eröffnet und bezogen werden konnte.

1958 wurde die Forderung des Verbandes auf Einstufung des Rechtspflegers in A 10 vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof abgelehnt.
1965 wurde im Landtag mit einem Stimmenverhältnis von 75 : 71 die Stellenzulage von 54 DM für die Rechtspfleger in A 9 bis A 12 beschlossen. Damit war in Bayern erstmals die besondere Stellung des Rechtspflegers vom Gesetzgeber auch besoldungsmäßig anerkannt und gewürdigt.

Bereits seit 1949 forderte der Verband beständig die Wiedereinführung der Amtsanwaltstätigkeit für den gehobenen Justizdienst in Bayern als weiteres Aufgabengebiet der Rechtspfleger. Ende 1968 wurde dann vom Justizministerium die Wiedereinführung der Amtsanwaltstätigkeit eröffnet. Das Justizministerium sah jedoch in der Folge wieder davon ab, Rechtspfleger als Amtsanwälte zu bestellen. Die Forderung, dass die Befähigung zum Rechtspflegeramt auch die Befähigung zur Wahrnehmung der Aufgaben des Amtsanwalts einschließt, ist weiterhin von Bestand.

Bis zum Rechtspflegertag 1970 verstärkten sich die Spannungen im Verhältnis zum Beamtenbund wegen dessen mangelnder Unterstützung bzw. gar Bekämpfung der Besoldungsanliegen des Verbandes. Als Folge davon beschlossen die Delegierten der Delegiertenversammlung 1970 den Austritt aus dem Beamtenbund mit Wirkung zum 01. Januar 1971.

Ab 1973 fand der Verband ein weiteres umfangreiches Aufgabengebiet, als es u.a. um die Einführung der EDV in der Gerichtsbarkeit, insbesondere im Grundbuchbereich, ging. Von besonderer Bedeutung mit Folgewirkung bis heute war auch der Beschluss, die Fachzeitschrift “Der Deutsche Rechtspfleger” im Gesamtsammelbezug als Verbandsleistung zu beziehen. Der Kampf um eine bessere Besoldung und Ausbildung ging währenddessen unvermindert weiter.

Der Delegiertentag 1980 beschloss wesentliche Satzungsänderungen zur Wandlung des Verbandes vom Mitgliederverein zur Standesorganisation. Auf der Tagesordnung stand auch die Forderung nach eigenen Beurteilungsrichtlinien für den Rechtspfleger. Eine entsprechende Eingabe beim Justizministerium 1982 endete mit einem Teilerfolg. Und zum Beurteilungsjahr 1983 publizierte Gerhard Detter als Vorsitzender des Hauptpersonalrats im Kurier vom Februar 1983 zur Information der Mitglieder eine eingehende Darstellung des aktuellen Beurteilungswesens.
1984 beschloss die Vertreterversammlung den Wiedereintritt des verbandes in den beamtenbund zum 01. Juli 1984. Damit erbrachte der Verband auch seinen Beitrag zum nachfolgenden Beitritt des Bundes Deutscher Rechtspfleger zum Deutschen Beamtenbund.

Bereits Anfang der 70er Jahre begannen die ersten Untersuchungen zur Einführung der EDV in der Justiz, die vom Verband sehr kritisch begleitet wurden. Insbesondere ging bei den Rechtspflegern die Angst um, zum “EDV- oder Maschinenrechtspfleger” zu werden. Auf Betreiben des Verbandes fand 1985 in der Fachhochschule in Starnberg erstmals für das gesamte Bundesgebiet zum Abschluss des letzten Studienabschnitts für die Studierenden ein EDV-Seminar statt. Die Hauptverwaltung vom 12./13. Juni 1986 beschloss schließlich, “auf der Grundlage der Wahrung unabdingbarer Rechtspflegerbelange” die weitere Entwicklung neuer Arbeitstechnologien zu unterstützen. Zugleich wurde gefordert, alle betroffenen Mitarbeiter in der EDV auszubilden.

Seit der deutschen Wiedervereinigung unterstützte der Verband mit dem Bund Deutscher Rechtspfleger alle Möglichkeiten personeller und finanzieller Hilfen zum Aufbau einer rechtsstaatlichen Justiz in den neuen Bundesländern.

Auch künftig wird es für den Verband Bayerischer Rechtspfleger reichlich zu tun geben.

(Quelle: Chronik des Verbandes Bayerischer Rechtspfleger VBR, 1999)